In der letzten Sitzung der Gemeindevertretung ging es um ein für die Gemeinde kostspieliges und für den Alltag vieler Mildstedter*innen bedeutendes Thema: Die Erweiterung des Stadtbusverkehrs. Die Stadt Husum hat der Gemeinde ein Angebot gemacht, nach dem die Linie 5, die aktuell am Kreisverkehr Norderschlag wendet, zukünftig bis zur Mildauhalle fahren kann.
Zu Beginn gab es jedoch Verwirrung: Bürgermeisterin Telse Jacobsen wollte diesen Tagesordnungspunkt erneut im nicht-öffentlichen Teil beraten lassen.
Bereits in der vorletzten Sitzung wurde dieses Thema unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt. Dies war damals sinnvoll. Eine Diskussion in der Öffentlichkeit hätte auch der Stadt Husum das finanzielle Limit, das die Gemeindevertretung der Bürgermeisterin für die Preisverhandlung mit der Stadt Husum mitgegeben hat, bekanntgegeben und so die Verhandlungsposition geschwächt.
Nichtsdestotrotz konnte die Bürgermeisterin nicht erreichen, dass die Stadt Husum von ihrer Ursprungsforderung, für die Erweiterung 48.000€ in Rechnung zu stellen, abweicht. Die Gemeindevertretung musste nun entscheiden, ob sie dazu bereit ist, die Erweiterung des Stadtbusverkehrs zu diesen Konditionen anzunehmen.
Da es bei dieser Verhandlung nicht um schützenswerte Interessen oder Daten handelte, stellte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Riebesell den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt öffentlich zu behandeln.
Diesem Antrag stimmten die sechs Gemeindevertreter*innen der SPD zu, jeweils eine*r von AWM und CDU enthielt sich.
Da für den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß Gemeindeordnung eine Mehrheit von 2/3 der Stimmen notwendig ist und diese bei 17 Gemeindevertreter*innen ohne die sechs Stimmen der SPD nicht zu erreichen ist, musste der Punkt in der Öffentlichkeit beraten werden. Da half auch die Argumentation von FDP-Gemeindevertreter Günter Jacobsen („Das haben wir immer so gemacht“) nichts. Nachdem wir auf die Gemeindeordnung aufmerksam machen mussten, wurde öffentlich diskutiert.
Für uns ist klar, dass selbstverständlich Personal- und Grundstücksangelegenheiten sowie alle anderen Themen, bei denen es um schützenswerte Interessen geht, nicht-öffentlich behandelt werden. Auf der anderen Seite müssen im Sinne der Transparenz alle Themen, bei denen es möglich ist, öffentlich diskutiert werden.
Zur Historie:
Mit dem Wechsel auf das neue Stadtbussystem nach langer Planung im Sommer 2019 wurde die alte Linie 1054 abgeschafft. Stattdessen fährt die Linie 7 Mildstedt (ebenfalls im Ein-Stunden-Takt) bis zur Mildauhalle – allerdings nicht mehr über Rödemis, sondern über Dreimühlen. Dies hat zur Folge, dass einige Mildstedter*innen z.B. aus dem Nedderlund, der Pastor-Schulz-Str. und den umliegenden Straßen eine Verschlechterung in Kauf nehmen mussten, da die Haltestellen in der Rödemisser Chaussee wegfielen. Damals hieß es jedoch, dass eine Verlängerung der Linie 5, die bisher nur bis zum Kreisverkehr Norderschlag fährt, nicht im für diese Linie geplanten 30-Minuten-Takt bis zur Mildauhalle möglich sei. Dem musste sich die alte Gemeindevertretung fügen.
Nach dem ersten Jahr des neuen Systems und einer Auswertung stellte die Stadt Husum nun fest, dass diese Möglichkeit doch besteht. Dazu müssen jedoch einige Haltestellen auf Husumer Gebiet abgeschafft werden, wozu man bereit ist.
In der Diskussion machte Gemeindevertreter Hans-Peter Henkens klar: „Darauf haben wir gewartet. Nun müssen wir unbedingt zuschlagen!“
Andererseits haderten CDU und AWM mit den hohen Kosten, vor allem der mangelnden Bewegungsbereitschaft der Stadt Husum in der Verhandlung und signalisierten Ablehnung.
Die Kritikpunkten konnte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Riebesell zwar nachvollziehen. Allerdings lenkte er den Fokus auf die zu treffende Entscheidung: „Wir müssen nun doch einfach nur entscheiden, ob wir das trotzdem machen wollen. Und für uns ist das eine wichtige Frage der Daseinsvorsorge. Also stimme ich zu.“
Auch wurde von Teilen der Gemeindevertretung in Erinnerung geschwelgt und geäußert, dass früher (also mit der Linie 1054) alles besser gewesen sei und man keine Verbesserung erreichen würde.
Hier hielt Gemeindevertreter Truels Reichardt gegen: „Mit einem heutigen Beschluss hätten wir eine deutliche Verbesserung. Durch das neue System haben wir ärgerlicherweise zunächst die Anbindung an Rödemis und einige Haltestellen verloren. Andererseits haben wir eine Anbindung an das Einkaufszentrum Dreimühlen gewonnen und wie vorher den Stunden-Takt direkt zum Marktplatz. Jetzt könnten wir die Vorteile behalten und alle Nachteile mehr als ausgleichen. Denn wir gewinnen Haltestellen, die Anbindung an Rödemis und einen schnellen Zugang zum Bahnhof wieder hinzu – und das sogar im 30-Minuten-Takt statt vorher nur stündlich!“
Nach einer ausgiebigen Diskussion stimmten acht Gemeindevertreter*innen für den Vorschlag. Vier Gemeindevertreter*innen von AWM und CDU stimmten dagegen, der Rest der Gemeindevertretung enthielt sich.
Damit bekommt die Gemeinde eine für ein Dorf hervorragende Busanbindung. Im Gegenzug für die Mehrkosten von 48.000€ bekommt die Gemeinde Mildstedt die Ticketeinnahmen der neu gewonnenen Haltestellen der Linie 5 (Mildauhalle, Am Ehrenhain, Pastor-Schulz-Straße). Es sind also alle aufgerufen, dieses gute Angebot vermehrt zu nutzen.
Sie unterstützen damit die Gemeinde, sparen Spritkosten und schützen die Umwelt! Wir leisten so einen Beitrag zur Verkehrswende, zur Daseinsvorsorge und zum Klimaschutz.
Es bleibt nun jedoch die Frage der Anbindung des Ortsteils Rosendahl an den ÖPNV. Hier ist die aktuelle Situation nicht zufriedenstellend. Wir dürfen das Thema nicht aus den Augen verlieren und müssen versuchen, zeitnah Verbesserungen im Busverkehr zu erreichen. Darüber hinaus stellt sich für uns die Frage, ob ein Bedarfshaltepunkt an der durch Rosendahl laufenden Bahnstrecke Husum-Jübek ein zentrales Zukunftsthema sein kann. Damit würde man einen sicheren stündlichen Takt sogar zu Randzeiten sowie am Wochenende und an Feiertagen erreichen.
Auf Antrag unseres Abgeordneten Truels Reichardt für die SPD-Fraktion im Kreistag klärt die Verwaltung des Kreises Nordfriesland momentan die Rahmenbedingungen für die Einführung eines kreisweit gültigen, geförderten ÖPNV-Tickets für Senior*innen, Schüler*innen, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende. So erreichen wir gemeinsam einen Beitrag zum Klimaschutz, der sozial verträglich und ökonomisch vernünftig ist. Denn leere Busse helfen niemandem. Einen Beitrag auf der Homepage der SPD Nordfriesland zu diesem Thema gibt es hier.